Erwerb der Mehrsprachigkeit
Bereichskoordinatorin: Tanja Kupisch
Der E-Projektbereich beschäftigt sich mit dem individuellen Spracherwerb von mehreren Sprachen, mit besonderer Berücksichtigung der Sprachrepräsentation und Sprachverarbeitung. Dieser Projektbereich besteht aus vier Projekten. Die meisten Projekte (E3, E4) untersuchen die Entwicklung zweier Lautsprachen bei mehrsprachigen Kindern und ein Projekt (E7) hat die Untersuchung des mehrsprachigen Erwerbs auf die visuelle Modalität bei Gehörlosen erweitert.
Der primäre Schwerpunkt dieses Projektbereiches liegt auf der linguistischen Analyse von Sprachdaten zum simultanen und sukzessiven Erwerb zweier Sprachen, der unter sehr unterschiedlichen Umständen und Bedingungen stattfindet. Bei manchen Sprachen handelt es sich um typologisch eng verwandte Sprachen wie Französisch und Portugiesisch, bei anderen um Sprachen mit größerer typologischer Distanz wie Deutsch und Französisch, Deutsch und Spanisch, Deutsch und Türkisch, oder auch um Sprachen in unterschiedlichen Modalitäten, wie gesprochenes und geschriebenes Deutsch und Deutsche Gebärdensprache (DGS). Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Projekten ergeben sich aus den jeweils untersuchten Sprachkonstellationen und sprachlichen Teilbereichen. Die verwendeten Methoden sind sowohl linguistische Analysen von Spontan-, Elizitations- und Testdaten, als auch die Ermittlung neuronaler Korrelate von Sprachverarbeitung im mehrsprachigen Individuum mit neurophysiologischen Verfahren.
Die Ergebnisse aus den Projekten des E-Bereichs sind von besonderer sozio-kultureller und gesellschaftspolitischer Relevanz. Es ist hinreichend bekannt, dass mehrsprachige Kinder mit einem Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem benachteiligt werden. Veränderungen im Bildungssystem brauchen ein wissenschaftliches Fundament, für das unsere Untersuchungen und Ergebnisse wichtige Bausteine liefern, z.B. durch die Klärung relevanter Zusammenhänge (simultane vs. sukzessive Mehrsprachigkeit; Rolle des Alters für die Erwerbsleistungen; Einfluss und Transfer usw.). So liefern unsere Projektergebnisse wissenschaftliche Grundlagen für die Entwicklung von Materialien für schulische und vorschulische Förderung und zur Konzeption von Instrumenten zur Sprachstandsmessung und Sprachdiagnostik. Der Transfer in die Praxis findet als Elternberatung statt und wird zudem durch Informations- und Weiterbildungsveranstaltungen in KiTas, Schulen und Institutionen der Lehrerbildung sowie für SprachtherapeutInnen und LogopädInnen geleistet.
Die Projekte im Projektbereich sind:
- E3: Prosodische Beschränkungen zur phonologischen und morphologischen Entwicklung im bilingualen Spracherwerb
(Romanistik, Erstspracherwerb, Phonologie, Morphologie), Leiterin: Conxita Lleó - E4: Spezifische Sprachentwicklungsstörung und früher L2-Erwerb: Zur Differenzierung von Abweichungen im Grammatikerwerb (Psycholinguistik, Spracherwerb u. -erwerbsstörungen, Syntax, Morphologie, Lexikon), Leiterin: Monika Rothweiler
- E7: Kompetenz in der Deutschen Gebärdensprache und im Deutschen in Abhängigkeit vom Lebensalter beim Erwerb: Vorteile einer Mehrsprachigkeit? (Neuronale Plastizität, multisensorische Verarbeitung, Entwicklungsneurowissenschaften), Leiterin: Brigitte Röder & Barbara Hänel-Faulhaber
- E11: Linguistische Aspekte der Spracherosion und des Zweitspracherwerbs von erwachsenen bilingualen (Deutsch-Französisch und Deutsch-Italienisch), (Leiterin: Tanja Kupisch)