Transferbereich T: Mehrsprachigkeit
Ziele und Programm des Transferbereichs
Der Transferbereich ist inhaltlich und institutionell an den SFB 538 Mehrsprachigkeit gekoppelt. Der SFB 538 erforscht Mehrsprachigkeit primär im Spracherwerb, im Sprachkontakt, als Phänomen sprachlicher Variation – auch in historischen Zusammenhängen –, in der mehrsprachigen Kommunikation, sowie die relevanten mentalen bzw. neuronalen Grundlagen.
Im Bereich des Spracherwerbs wird der simultane und sukzessive Erwerb zweier oder mehrerer Sprachen sowie Störungen des Spracherwerbs unter diesen Bedingungen untersucht. Die im SFB bearbeiteten Situationen des Sprachkontakts sind vielfältig und beinhalten den Kontakt zwischen genealogisch verwandten bzw. nicht verwandten Sprachen, historische und aktuelle Kontaktsituationen, Situationen des Sprachwechsels usw. Untersucht wird weiterhin der Sprachkontakt in institutionellen Kontexten. All den genannten Bereichen ist gemeinsam, dass sie durch erhebliche sprachliche Variation gekennzeichnet sind.
Zu den wichtigsten leitenden Hypothesen für die Forschungsaktivitäten des SFB gehören die Annahmen, dass die menschliche Sprachfähigkeit grundsätzlich für die Verarbeitung mehrerer Sprachen ausgelegt ist und dass die in den Industrienationen vorherrschende Einsprachigkeit in der Kulturgeschichte des Menschen eher Ausnahmecharakter besitzt.
Die wissenschaftliche Untersuchung des Phänomens der Mehrsprachigkeit innerhalb des SFB 538 hat umfangreiche Ergebnisse für die Grundlagenforschung geliefert und teilweise zu einer erheblichen Revision etablierter Annahmen geführt. Eine Vielzahl von Studien haben belegt, dass eine möglichst frühe Konfrontation mit einer zweiten Sprache sich nicht nur günstig auf den Zweitspracherwerb auswirkt, sondern auch die Entwicklung allgemeiner kognitiver Fähigkeiten begünstigt. Frühe Mehrsprachigkeit ist demnach grundsätzlich wünschenswert. Für die als Konsequenz des Sprachkontakts auftretende Mehrsprachigkeit konnte gezeigt werden, dass in bisherigen Arbeiten die Bedeutung des Sprachkontakts im Individuum bei weitem unterschätzt worden ist. Sprachkontakt führt zu qualitativ neuen Eigenschaften, die nicht allein aus den Eigenschaften der in der Kontaktsituation beteiligten Sprachen erklärt werden können, sondern ihren Ursprung in den Individuen haben müssen, die den Sprachkontakt tragen und deren Quelle letztlich in den universellen Eigenschaften der menschlichen Sprachfähigkeit zu suchen ist.
Die Arbeiten zur Mehrsprachigkeit innerhalb des SFB 538 haben zu einer Reihe von Ergebnissen geführt, die mittlerweile als wissenschaftlich gefestigt angesehen werden können und die zudem praxisrelevante Komponenten enthalten. Der neu bewilligte Transferbereich verfolgt das Ziel, die prinzipielle Umsetzbarkeit dieser Ergebnisse der Grundlagenforschung zu demonstrieren. Im Bereich der Geisteswissenschaften ist eine solche systematische Ankopplung der Grundlagenforschung an praxisrelevante Bereiche einzigartig und hat bisher noch Ausnahmecharakter.
Die im Transferbereich zusammengefassten Teilprojekte stellen sich die Aufgabe, spezifische Ergebnisse der Spracherwerbs-, Sprachkontakt- bzw. Sprachvariationsforschung in praxisrelevante Anwendungen umzusetzen.
Im Projekt T5 wird ein Fortbildungskonzept für Krankenhausangestellte, die ad hoc als Dolmetscher tätig werden, entwickelt und evaluiert (Laufzeit bis Juni 2011).
Die Transferprojekte T1, T2, T3 und T4 wurden im März/April 2010 abgeschlossen.