Gründe für Abwesenheit
Welche Gründe können zu Abwesenheit führen?
Manchmal sind Studierende in Vorlesungen nicht anwesend oder fehlen plötzlich im Seminar. Warum das so ist, haben wir unsere Studentischen Berater*innen gefragt. Jenseits der Argumente von „Ich hatte keine Lust“ haben wir sehr viele unterschiedliche Gründe gefunden, die es den Studierenden erschweren können, ihre Veranstaltungen zu besuchen.
Gründe für Abwesenheit
Sicherung des Lebensunterhalts
Viele Studierende müssen neben ihrem Studium auch einem Nebenerwerb nachgehen. Dies kann sehr unterschiedliche Gründe haben. Neben den oftmals bekannten Gründen wie einem Zusatzverdienst zu Zahlungen, die Studierende von ihren Eltern oder dem BAföG erhalten, sind weitere Gründe möglich:
- Studierende, die älter als 30 Jahre sind, oder das 15. Fachsemester erreicht haben, müssen höhere Krankenkassenbeiträge bezahlen.
- Studierende, die bereits ein anderes Studium begonnen hatten, sind nicht mehr BAföG-berechtigt.
- Während jüngere Studierende 66 % ihrer Einnahmen von den Eltern erhalten, sinkt dieser Anteil stetig, sodass dieser in der ältesten Gruppe lediglich noch 18 % beträgt (Middendorf et al. 2017).
- Ausländische Studierende müssen für die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis einen „Finanzierungsnachweis“ leisten.
- Manche Studierende wollen wegen familiärer Konflikte kein elternunabhängiges BAföG beziehen, bekommen aber auch nicht genügend finanzielle Unterstützung von ihren Eltern.
- 16 % der Studierenden mit beeinträchtigungsbedingten Zusatzkosten zum Lebensunterhalt geben an, dass die Finanzierung ihres Lebensunterhalts nicht ausreichend gesichert ist, 25 % geben an, diese Kosten seien nicht oder nur unzureichend gedeckt (Poskowsky et al. 2018).
- notwendiger Zusatzverdienst aus unterschiedlichen Gründen.
Gesundheitliche Gründe
Gesundheitliche Beeinträchtigungen können sehr unterschiedlich sein. Sie können sich sowohl direkt auf die Anwesenheit in Lehrveranstaltungen auswirken als auch indirekt. Vielleicht sind Studierende zwar anwesend, benötigen aber häufigere Pausen, können sich schlechter konzentrieren oder trauen sich nicht, aktiv an der Veranstaltung teilzunehmen.
- Ungefähr jede*r zehnte Studierende (11 %) in Deutschland weist eine studienrelevante gesundheitliche Beeinträchtigung auf (Middendorf et al. 2017). Fast zwei Drittel der Befragten berichten dabei von sehr starken (28 %) oder starken (34 %) beeinträchtigungsbezogenen Auswirkungen im Studium. Gesundheitsbeeinträchtigungen sind jedoch oftmals unsichtbar, 67 % der Studierenden mit Beeinträchtigung haben angegeben, ihre Beeinträchtigung sei für Dritte nicht ohne Weiteres erkennbar (Poskowsky et al. 2018).
- Neben diesen erhobenen Beeinträchtigungen können aber auch kürzer anhaltende studienerschwerende Beeinträchtigungen auftreten. Das können Operationen oder Arztbesuche sein, aber auch wiederkehrende Beeinträchtigungen wie Menstruationsbeschwerden, Schlafstörungen, kurzzeitige psychische Belastungen durch negative Ereignisse, Verschlechterung des Gesundheitszustandes, Beeinträchtigungen durch Medikamente, Schmerzen, Allergien etc.
Für knapp zwei Drittel der Studierenden mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen wirken sich diese stark im Studium aus (62 %).
Religiöse Feiertage
Während an einem Großteil der christlichen Feiertage keine Veranstaltungen stattfinden, kann es für Angehörige anderer religiöser Gruppen schwierig sein, an den jeweiligen Feiertagen religiöse Gebote wie Ruhe- oder Fastenzeiten einzuhalten und trotzdem den Anforderungen der Veranstaltungen zu entsprechen.
Familiäre Gründe
Zu den familiären Gründen gehören:
- Betreuung von Kindern, Angehörigen oder auch Freunden
- Care-Arbeit
- Schwangerschaft, Geburt
- Krisen, Todesfälle etc.
Veranstaltungsbedingte Gründe
Oftmals mag es auch an Gründen liegen, die eher in Zusammenhang mit der Lehrveranstaltung stehen. Das können räumliche Barrieren sein, fehlende Informationen zu Raumwechseln oder auch, dass Studierende den inhaltlichen Anschluss verloren haben, dass sie sich verspäten und sich keine Blöße geben wollen, oder auch schlichtweg die Überschneidung mit anderen (Pflicht-)Veranstaltungen.
Räumliche und zeitliche Distanz
Zu diesen Gründen gehören
- Verhinderung wegen laufender Nachrück- oder Einklageverfahren
- ein weit entfernter Wohnort mit unregelmäßigen Bahnverbindungen, sodass man entweder zu spät oder zu früh kommt
Weitere Gründe
Weitere Gründe wie
- Verpflichtungen aus einem Ehrenamt
- politisches Engagement außerhalb (Demos, Vereine etc.) und innerhalb der Hochschule (Senat, FakRat, FSR etc.)
- Aufgaben für andere Studienleistungen
- Praktika
Quellen
Diese Sammlung studentischer Perspektiven ist aus intensiver Gruppenarbeit unserer Studentischen Berater*innen entstanden. Weiterhin haben wir Ergebnisse der 21. DSW-Sozialerhebung sowie der best2 Studie, Datenerhebung zur Situation Studierender mit Behinderung und chronischer Krankheit 2016/17 berücksichtigt:
Middendorf E, Apolinarski B, Becker K, Bornkessel P, Brandt T, Heißenberg S, Poskowsky J (2017) Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in Deutschland 2016. Zusammenfassung zur 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks – durchgeführt vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Berlin
Poskowsky, J., Heißenberg, S., Zaussinger, S., Brenner, J. (2018). beeinträchtigt studieren − best2, Datenerhebung zur Situation Studierender mit Behinderung und chronischer Krankheit 2016/17. Hannover, Berlin, Wien: DZHW, DSW, IHS.