Wissenschaftliches Kommunizieren in der Fremdsprache
1. Juli 2020, von Redaktion Universitätskolleg

Foto: UHH/UK; Dr. Valérie Le Vot
Ein Gespräch zu den Englisch- und Französisch-Kursangeboten des Universitätskollegs mit Susannah Ewing Bölke und Dr. Valérie Le Vot.
Lehre und Studium finden im Sommersemester 2020 digital statt. Ein interaktives Instrument, um den Austausch zwischen Lehrenden und Studierenden in Zeiten fehlender Präsenzlehre aufrechtzuerhalten, sind Blogs. Was bieten die beiden Blogs English Explorations und Perspectives Francophones den Studierenden?
Die Blogs werden vornehmlich von Studierenden für Studierende entwickelt und sind ziemlich vielfältig. In dieser besonderen Zeit möchten sie einen Beitrag dazu leisten, wie Studierende trotz der physischen Distanzierung und zusätzlich zu den fachwissenschaftlichen und sprachpraktischen Seminaren einen lebendigen Kontakt zur Fremdsprache aufrechterhalten können. Daher finden Sie in der umfangreichen und ständig aktualisierten Spalte „Sich informieren“ (Get Informed/S’informer) alle englisch- bzw. französischsprachigen Veranstaltungen und Ereignisse in der Hansestadt sowie Informationen zu verschiedensten Online-Angeboten und Möglichkeiten, die eigenen Sprachkenntnisse zu erweitern. Dort finden Sie auch unterschiedlichste Kulturrubriken, von Weekly Poems bzw. Chanson de la semaine über Culture & Cuisine (sehr kulturspezifische Rezepte) bis zu Rezensionen von aktuellen Filmen, Büchern und Serien.
Unter der Rubrik „Lernen“ (Learn/Savoir) finden Studierende kurzweilige Beiträge zu den verschiedenen Bereichen der Englischkompetenzen, die in der Universität oder darüber hinaus gebraucht werden. Bei „Üben“ (Practice/S’entraîner) sind dann interaktive Übungen, mit denen diese Kompetenzen trainiert werden können.
Zu den Kurs-Angeboten Englisch und Französisch des Universitätskollegs gehören neben den Blogs noch mehr Formate. Welche sind das und welche Intention wird damit jeweils verfolgt?
Die sogenannten Kurse bieten verschiedenen Lehr- und Lernformate an, die alle als extracurriculare Ergänzung bzw. Begleitung der curricularen Fachlehre das Ziel haben, Studierende, Promovierende sowie Lehrende bei ihren akademischen fremdsprachlichen Aufgaben an der Universität zu unterstützen. So werden Einzelworkshops angeboten, die meist fächerübergreifend das Schreiben in der jeweiligen Sprache unterstützen, Lehrkooperationen, die eher sehr fach- bzw. sogar lehrveranstaltungsspezifisch sprach- und schreibpraktische Aufgaben mitentwickeln und teilweise betreuen, und Einzelberatungen für Studierende mit individuellen Bedarfen. Der Bereich Kurse Englisch bietet darüber hinaus eine Starthilfe bei der Neugründung von akademischen Schreibgruppen, z. B. für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler oder auch studentische Gruppen.
Aus der Perspektive langjähriger Lehrerfahrung heraus: Was bringen die meisten Studierenden mit und woran hapert es häufig?
Die Studierenden bringen viel theoretisches Wissen über die Grammatik zum Beispiel, gute Lesekompetenzen, aber wenig Wissen über Lernmethoden und das Weiterentwickeln von Fremdsprachenkompetenzen. Im Bereich Englisch beherrschen sie – bedingt durch den großen Einfluss der englischsprachigen Popkultur – meist Aussprache und auch Alltagssprache, haben aber immer wieder Schwierigkeiten mit den Merkmalen und den Anforderungen der akademischen Sprache. Im Bereich Französisch sind alle Aspekte der Mündlichkeit – sowohl hören als auch sprechen – meistens wenig ausgeprägt.
Inwieweit haben Studierende die Möglichkeit, die Inhalte mitzugestalten?
Die Blogs sind für jeglichen Input offen! Bei jedem Beitrag ist ein Kommentarkästchen, in dem wir hoffen, dass Studierende auch ihre eigenen Erfahrungen mitteilen. Außerdem finden Studierende unter der Rubrik „Teilen“ (Help and Share/S’entraider) die Möglichkeit, Kontakt aufzunehmen, um so entweder um bestimmte Inhalte oder Unterstützung zu bitten oder auch selbst Inhalte beizusteuern. Bei Perspectives francophones werden sogar in enger Kooperation mit den Fachdozierenden Seminarleistungen von Studierenden ‚en direct de la Romanistique‘ veröffentlicht. Unser Blog-Team besteht ja auch aus Master-Studierenden, die eine Hand am Puls der Anglistik- und Romanistik-Studierenden haben und dadurch ihre Bedarfe noch besser kennen als wir. Das Team ist stark an der Konzipierung und Gestaltung der Inhalte beteiligt.
Die Kurs-Formate Englisch und Französisch sowie die dazugehörigen Blogs gehen über die Vermittlung reiner Sprachkenntnisse weit hinaus. Welche Erfahrungen prägen den Aspekt der Kulturvermittlung?
Uns war es sehr wichtig, zweierlei zu erkennen. Als Erstes muss immer mitbedacht werden, dass eine Fremdsprache zu lernen gar nicht ohne Kenntnisse der Zielkultur(en) geht. Das heißt, eine Person kann eine Sprache grammatikalisch sogar perfekt schreiben können, aber ohne dieses Wissen wird sie weder auf der Straße in Paris noch an der Oxford University weit kommen. Gleichzeitig sind viele Studierende direkt in den sprachwissenschaftlichen Studiengängen auch angehende Fremdsprachenlehrerinnen und -lehrer. Das heißt, es wird auch eine gewisse Menge an Kulturwissen vorausgesetzt, und es ist sinnvoll, diesen Aspekt auch extracurricular zu bedienen. Auch wir vermitteln nicht immer Inhalte, sondern oft eher Ressourcen, wo Wissen erworben werden kann.
Aus diesen Gründen ist es uns wichtig, mehrere Aspekte der Fremdsprachenkulturen einzubeziehen:
- Akademische Textsorten und Kommunikationssituationen (nicht nur) zum Schreiben in internationalen und länderspezifischen Hochschulkontexten
- Auch klassisch bedeutende sowie populärkulturelle Ereignisse und Quellen, z. B. Literatur, Theater, auch Musik und Film, politisch-historisch wichtige Entwicklungen usw.
- Die vielleicht auf den ersten Blick nicht so offensichtliche Vielfalt der Sprachen und der Kulturen innerhalb dieser Länder sowie weltweit. Gerade seit den neuesten Entwicklungen, aber eigentlich schon immer versuchen wir die Stimmen besonders marginalisierter Künstlerinnen und Künstler sowie Persönlichkeiten zu verstärken.
Der Internationalisierung akademischer Laufbahnen kommt seit Jahren eine immer größere Bedeutung zu. Wird dieser Entwicklung in Studium und Lehre bereits genügend Rechnung getragen?
Die Unterstützung der einzelnen Studierenden bei der Vorbereitung eines akademischen Auslandsaufenthalts hat sich stark und sehr positiv entwickelt. Unsere Überzeugung ist dabei, dass ein Studienaustausch auch im Bereich „Hochschulkultur“ und „akademische Sprache und Formate“ vorbereitet werden sollte. Deswegen bieten wir auf unseren Blogs und in unserem Workshop-Angebot Informationen und Übungsmöglichkeiten zu diesen Themenbereichen. Wir unterstützen auch gern alle international ausgerichteten Lehrkooperationsprojekte der Universität Hamburg, ob Doppelstudiengänge wie HamBord im Fach Geschichte (zwischen der Universität Hamburg und der Université Michel de Montaigne in Bordeaux) oder Projektseminare wie German Migration to Missouri. Wenn Lehrende, egal in welchem Fach, an einer Unterstützung in diesem Bereich Interesse haben, können Sie uns einfach per Mail kontaktieren: Wir freuen uns immer über neue, international ausgerichtete Lehrkooperationen und entwickeln gern maßgeschneiderte Lern- und Lehrformate zur Begleitung ihrer Studierenden.
Das Erlernen einer Sprache erfolgt wesentlich über Kommunikation. Wie werden die Angebote eines synchronen digitalen Austauschs in dieser Zeit von den Studierenden angenommen und bewertet?
Im Negativen können wir erst mal festhalten, dass ein Sprachangebot in der Form eines „blinden Austauschs mit schwarzen, das Mikrofon nur ab und zu aktivierenden Kacheln“ wenig zielführend ist: Sprache lebt vom Austausch, aber auch von nonverbalen Kommunikationsformen. Das erfordert Vertrauen und viel Mut von den Studierenden, aber dann klappt es auch sehr gut!
Hat die Corona-Zeit Erkenntnisse gebracht, die für die künftige Gestaltung der Sprachangebote hilfreich sind?
Auf jeden Fall hat es uns gezwungen, unsere didaktischen Szenarien zu überprüfen, insbesondere was die Taktung, die Gewichtung der einzelnen Kompetenzen und vor allem die Aktivierung der Studierenden angeht. Es hat uns auch gezwungen, die Grenzen des Möglichen bzw. Sinnvollen auszureizen. Eine Kombination von synchron und asynchron, also hybriden Lehr- und Lernformen haben sich dabei meistens bewährt und könnten auch in hoffentlich bald wiederkehrenden Präsenzzeiten beibehalten werden. Rein asynchrone Angebote sind da deutlich schwieriger: Die verfügbaren digitalen Instrumente sind leider noch nicht so ausgereift, dass sie zum Beispiel die Aussprache oder die Prosodie auf akademischem Niveau richtig trainieren und ggf. korrigieren können. Schreiben und Lesen in der Fremdsprache kann asynchron trainiert werden, aber auch da brauchen wir flexible und vielfältige digitale Tools, die individuelles Feedback zur Wissenschaftssprache ermöglichen, wie zum Beispiel das Lehr-Lern-Archiv (LeLeA) des Schreibzentrums.
Weitere Informationen zu den Kursangeboten Englisch und Kursangeboten Französisch des Universitätskollegs finden Sie hier.